Liebes Tagebuch,
eines will ich gleich einmal vorwegnehmen: Keine meiner Handlungen basiert auf Böswilligkeit. Manche geschehen aus reiner Neugierde. Oder aus Unwissenheit. Oder entspringen meiner Lebensfreude. Das glaubst du mir doch, liebes Tagebuch?
Warum ich das frage? Nun, es könnte sein, dass ich mich schon wieder wo hineingeritten habe. Es gab da einen winzig kleinen Vorfall. Im Grunde genommen nichts Tragisches. Wenn man es genauer betrachtet handelt es sich eigentlich nur um ein Missverständnis.
Also, die Nanni und ich sehen uns heute eine total interessante Tierdoku an. Wie immer nutzen wir Fraulis Abwesenheit, um uns weiterzubilden. Mit französischen Komödien geht das nicht so gut, wenn du verstehst was ich meine. Aber erklär das einmal dem Frauli. Pfff!
Jedenfalls genießen wir die Sendung. Kein Geplapper, keine Gekudere. Auch kein Geschimpfe, weil ich wo rausnasche. Gut, ich hätte vielleicht nicht von Fraulis grünem Salat das Joghurtdressing runterschlecken sollen. Aber deswegen gleich so einen Aufstand zu machen … Und außerdem hab ich ja eh vom Salat auch gegessen. Sie sagt doch immer, dass wir Gemüse essen sollen, weil es so gesund ist!
Auf alle Fälle zeigen sie in der Werbepause fröhliche Miezekatzen, die von ihren Fraulis gefüttert werden. Die Miezen schmatzen, ihre Fraulis strahlen um die Wette. Man kann direkt riechen, wie lecker das alles schmeckt.
Die Nanni und ich sausen sofort zum Laptop und geben bei Ecosia die Futtermarke ein. Und siehe da, der Bildschirm preist uns Fraulis Geschäft als günstigsten Anbieter an.
„Du darfst nichts mehr bestellen hat Frauli gesagt“, ermahnt die Getigerte mich.
„Um genau zu sein, hat sie gesagt, ich darf keine Katzenspielsachen kaufen“, kontere ich.
„Du kommst in Teufels Küche.“
„Wir, meine Liebe, wir“, berichtige ich sie.
„Nein, du, wenn du bestellst.“
„Magst du es nicht kosten?“
„Doch schon, aber …“
„Eben.“
Ich klicke mich durch das Angebot. So viele verschiedene Geschmacksrichtungen! Wow!
„Glaubst du, ist ein Karton pro Sorte zu viel?“, frage ich meine ängstliche Möchtegern-Schwester.
„Wenn`s nicht gut ist, auf alle Fälle.“
„Oh, schau doch, es gibt auch Boxen mit allen Sorten. Da nehm ich zwei, was meinst?“ Ich knuffe sie in die Seite.
„Ich weiß nicht recht.“ Nanni runzelt die Stirn. Hach, das ist so eine feige Nuss. Was soll uns schon großartig passieren? Hausarrest? Ha, da würde Frauli nur die Braungestreifte damit bestrafen. Und das weiß sie.
„Also, wenn ich wollte, dass meine Miezekatze nicht mehr bestellt, dann würde ich doch alles katzensicher machen, oder?“ Auffordernd schaue ich die Nanni an.
„Ja schon, aber …“
„Wenn ich jetzt also auf kostenpflichtig bestellen drücke, dürfte sich da jetzt gar nix tun, oder?“
„Ja schon, aber …“
„Und wenn sich doch etwas tut, wer ist dann dafür verantwortlich?“ Ich stiere der Nanni todernst in die Augen.
„Duuu?“
„Frauli!!! Frauli!!! Kapierst du das nicht? Frauli ist dafür verantwortlich, dass ich nichts einkaufen kann.“
„Ja, aber …“
Ich drücke betont lässig auf OK. Nanni rinnen Schweißperlen übers Gesicht. Meine Schnurrhaare vibrieren vor Anspannung.
Dong! Eine E-Mail ist in Fraulis Postfach eingegangen. Ich klicke es an. Bingo! Die Bestellbestätigung ist eingetrudelt.
„Oh, Oh!“, macht Nanni.
„Hm, vielleicht war ich doch etwas zu vorschnell“, flüstere ich.
„Lösch die E-Mail!“, kreischt die Nanni hysterisch.
„Vielleicht kommt ja gar nix“, versuche ich mich zu beruhigen.
Tja, was soll ich sagen liebes Tagebuch? Es könnte sein, dass ein gewaltiger Sturm aufzieht hier bei uns. So mit Gewitter und allem Drum und Dran. Aber vielleicht haben wir auch Glück und Frauli bemerkt überhaupt nichts.
Vielleicht erkennt sie aber auch, wie genial ich bin. Ich meine, hallo, eine Katze, die selbständig ihr Futter einkauft?
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