Liebes Tagebuch,
heute ist Freitag. Sagt Frauli.
Das heißt, dass wir morgen länger schlafen können. Endlich.
Dieses frühe Aufstehen ist echt nervig. Morgens ist es so was von finster und gruselig – da stellt sich mir jeden Tag die Frage: Warum?
Warum muss ich in aller Herrgottsfrühe raus aus dem warmen Bett? Warum muss ich jetzt schon mit Frauli frühstücken? Warum können wir nicht einfach liegen bleiben, uns die Decke über den Kopf ziehen und so tun, als wären wir gar nicht da?
Pfff, ich werde die Menschen nie verstehen, wenn ich ehrlich bin. Die verlassen freiwillig in stockdunkler Nacht das Haus!
Obwohl, die Nanni ist ja nicht viel besser. Die kommt meistens erst heim, wenn wir gerade aufstehen. Die hat sie ja nicht alle, wenn du mich fragst, liebes Tagebuch. Die Mäuse rennen doch untertags auch noch durch die Gegend. Da muss ich mich nicht mit einer Taschenlampe bewaffnet auf die Lauer legen.
„Hanni, dieses Wochenende wird ein Faulenzerwochenende. Da tun wir nix. Also ab Samstagnachmittag tun wir nix. Vorher gehe ich einkaufen und zur Omi. Und dann lungern wir zu dritt auf der Couch herum. Oder was sagst du, Nanni?“
Die Nanni hebt bei Erwähnung ihres Namens überrascht den Kopf. Wie immer hat sie nix mitgekriegt, hat alles verpennt. Fragend sieht sie mich an. Ich nicke. Sie nickt auch. Frauli strahlt.
Ich helfe der dummen Nuss nur wegen Frauli aus der Nichtzuhör-Patsche. Ich mag nämlich nicht, dass sich Frauli kränkt, nur weil ihr die dumme Nuss wieder einmal nicht zugehört hat. Obwohl ich schon ein paar Mal überlegt habe, ob ich der Nanni falsche Signale geben soll. Nicken, wenn ein Nein angebracht wäre und umgekehrt. Das würde aber wahrscheinlich mehr Frauli schaden als der Braungestreiften.
Oder am Ende gar mir. Was, wenn Frauli fragt, ob wir ein Leckerli wollen und ich zustimmend nicke und die Nanni auf mein Geheiß hin verneinend den Kopf schüttelt? Krieg dann nur ich das Leckerli? Oder kriegen wir beide keines? Ist Frauli vielleicht traurig, weil ihr Leckerli nicht so ankommt, wie sie es sich erhofft hat?
Du siehst, liebes Tagebuch, ich trage die ganze Verantwortung für das Glück unserer kleinen Wohngemeinschaft.
Aber glaubst du, das würdigt hier irgendwer? Natürlich nicht. Wir Wohltäterinnen haben es wirklich nicht leicht im Leben. Ich kann nur darauf hoffen, dass ich nach meinem Tod die Anerkennung erhalte, die ich mir verdiene, also heiliggesprochen werde. Leider halt erst post mortem (= mein Ausdruck des Woche). Auf alle Fälle habe ich in meinem Testament festgehalten, dass Frauli mich dem Papst vorschlagen muss. Dafür kriegt sie auch mein Futterschüsserl vermacht. Unter anderem. Aber das ist eine andere Geschichte.
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