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Autorenbildroswithazatlokal

16.02.2021

Aktualisiert: 21. Feb. 2021


Liebes Tagebuch,

ich weiß, ich habe dich vernachlässig. Aber du kannst dir gar nicht vorstellen wie anstrengend das Pensionisten-Dasein ist! Den ganzen Tag kannst du tun und lassen was du willst. Niemand zwingt dich zum Aufstehen. Niemand sagt dir, was du tun sollst. Ständig musst du dir selber irgendeine Beschäftigung suchen. Was du aber nicht machst. Weißt du eigentlich, wie anstrengend das ist?

Wie immer schlendere ich heute nach dem Frühstück ins Wohnzimmer. Mein Ziel ist meine Spielzeugkiste, genauer gesagt, mein Flamingo. Der alte Knabe schlummert wahrscheinlich noch tief und fest. Aber wo ist er denn? Komisch, ich hab ihn doch gestern ganz obendrauf gelegt.

„Aha, du versteckst dich, du Lauser“, schimpfe ich, während ich in der Kiste nach ihm suche. Kein rosa Flamingo. „Na warte, du Schlingel.“ Ich muss kichern. Dieses Spiel spielen wir öfter. Der Flamingo glaubt doch tatsächlich jedes Mal, er könne mich austricksen. Ich schmeiß kichernd ein Spielzeug nach dem anderen aus der Kiste, stecke meine Nase ganz tief hinein, um seinen Geruch aufzunehmen. Nichts. Verdattert bleibe ich vor der leeren Kiste sitzen. Da ist der doch tatsächlich ausgebüxt!

Und dann sehe ich ihn. In Fraulis Hand! Wieso ist er bei Frauli? Was treiben die beiden hinter meinem Rücken?

„Schau einmal, Hanni, was ich da habe.“ Frauli hält mir meinen Flamingo unter die Nase. Erbost reiße ich ihn ihr aus der Hand. Ich stutze.

„Was soll das?“, blaffe ich sie an. „Wo ist MEIN Flamingo?“

„Ich habe dir einen neuen Flamingo besorgt. Der alte war ja schon so dreckig. Und hat gestunken. Und war irgendwie … grauslich.“ Selbstzufrieden grinst sie mich an.

„Du hast was?“ Mein Flamingo ist doch so schön abgenudelt und zurecht gespielt. Ist eingespeichelt. Und riecht nach mir. Er ist einfach DER ideale Spielpartner. A bisserl zerzaust und etwas dreckig, aber MEIN Flamingo. Das ist echt so grenzüberschreitend. So anmaßend. So respektlos mir gegenüber. Ich schnappe nach Luft.

Oder hat sie etwa den Flamingo entführt? Aber warum denn? Und wo hat sie ihn hingebracht? Was will sie für ihn? Mein Futter?


„Schnuppere einmal wie gut der riecht. Da ist frische Katzenminze drinnen“, lockt sie mich. Glaubt die tatsächlich, dass sie mich bestechen kann mit ein bisschen Katzenminze? Ich will meinen alten Flamingo wieder haben. Sofort!

„Oh, du magst ihn nicht.“ Jetzt scheint sie enttäuscht zu sein. Packst du das, liebes Tagebuch? SIE ist enttäuscht. SIE. Bevor ich etwas sagen kann, geht die Katzenklappe auf und die doofe Nuss schlendert herein.

„Mmh, was riecht denn hier so lecker?“ Nannis Nase wird immer länger bis sie schließlich den neuen Flamingo berührt. „Wow, das ist ja geil.“ Schon greift ihre Pfote danach. Die kriegt den sicherlich nicht. Die spinnt wohl. Schnell setze ich mich drauf.





„Schau einmal, Nanni. Für dich habe ich eine Schlange. Die duftet genauso gut.“ Frauli ist ein richtiges Luder, wenn du mich fragst. Schon alleine wie sie die blöde Kuh ködert mit dem giftgrünen Drum. Begeistert stürzt sich die Nanni drauf. Sie schnuppert und sabbert, catcht und kichert. Aber was willst du schon groß erwarten von der dummen Nuss! Klar fällt die auf so etwas herein.





„Schau doch, Hanni. Sieht der nicht aus wie der Bruder von deinem Flamingo? Der ist ganz traurig, weil er keine Miezekatze zum Spielen hat, siehst du?“

Na ja, irgendwie schaut er schon ein wenig belämmert aus der Wäsche. Vorsichtig stupse ich ihn an. Bilde ich mir das nur ein oder lächelt er mich an? Auf alle Fälle umhüllt er mich mit einer riesigen Duftwolke, so als wolle er sich bei mir bedanken. Na gut, dann will ich halt einmal nicht so sein und nehm ihn bei mir auf *seufz*.

„Komm schon her, du kleiner Racker“, maunze ich ihm zu und drück ihn ganz fest an mich.

„Dein alter Flamingo ist jetzt im Spielzeughimmel. Das hat er sich verdient nach der langen Zeit, glaubst du nicht, Hanni?“ Frauli tätschelt mein Köpfchen.

„Wenn du das sagst“, säusle ich. Dieser neue Flamingo ist vielleicht gar nicht einmal so schlecht. „Aber wehe, du lügst mich an", fauche ich Frauli an.

Natürlich kann ich das so nicht hinnehmen. Diesen Eingriff in meine Privatsphäre meine ich. Zum Ausgleich knete ich gerade Fraulis Pullover hingebungsvoll. So, jetzt braucht sie auch einen neuen. Das hat sie nun davon. So schnell vergreift die sich sicher nicht mehr an meinen Sachen *kicher*.



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