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30.05.2020

Autorenbild: roswithazatlokalroswithazatlokal

Liebes Tagebuch,

jetzt reicht es wirklich! Ich werde hier behandelt wie der letzte Dreck. Andauernd wird an mir herumkritisiert, werde ich angeschrien und runtergemacht. Das geht so nicht weiter. Aber was tun? Wer hilft denn schon einer armen unterdrückten Hauskatze? Ich fühle mich so was von versklavt, so ausgenützt *seufz*.


Und dabei hat alles so schön angefangen heut in der Früh. Eng aneinandergekuschelt sind wir länger liegen geblieben, Frauli und ich. Sind gemeinsam hinunter geschlendert um uns einen Tee zu holen. Die doofe Nanne hat in der Küche unten vor den leeren Futterschüsserl gewartet und sich natürlich sofort bei Frauli eingeschleimt. Hat geschmust und gebrummt wie verrückt und Frauli ständig mit ihrer feuchten Nase überall angestupst. Mir hat sich gleich der Magen umgedreht. Weil das muss ich dann ja alles wieder wegputzen, ich kann doch Frauli nicht so verschmudelt herumrennen lassen. Und außerdem mag ich mich nicht in Nannis Spucke wälzen *bäääh*.


Einträchtig stehen wir in der Küche und warten auf das Teewasser, ich darf wie immer die Teesorte aussuchen. Das ist voll lustig, liebes Tagebuch. Frauli stellt die kleinen Schachteln mit den Teebeuteln vor mich hin und ich stupse sie vom Kastl runter. Und die, die Frauli rechtzeitig auffängt, die wird der heutige Teegeschmack. Ach ja, was noch wichtig ist: DasTeewasser ist total heiß, da darf ich mit meinem Schnauzerl nicht hin, weil das tut höllisch weh. Das hab ich mittlerweile kapiert.

Der Tee ist endlich fertig und wir stapfen einträchtig wieder hinauf ins Schlafzimmer. Jetzt kommt der gemütliche Teil, die Zeitung. Kaum liegen wir im Bett, fällt Frauli ein, dass sie ja gar nix zum Lesen mitgenommen hat. Grummelnd kraxelt sie wieder aus den warmen Federn um die Zeitung zu holen. Harmonie pur, wenn du mich fragst.

Weißt du, wieso das eigentlich Federn heißt, liebes Tagebuch? Ich hab hier noch nie Federn oder gar einen ganzen Vogel im Bett gesehen. Da muss ich direkt einmal bei Ecosia nachschlagen.


Ich lieg also so da, warte auf Frauli und die Zeitung. Mir ist ein bisserl fad, wenn ich ehrlich bin. Und da seh ich es. Dieses Papierfetzerl, dass aus dem Teehäferl raushängt. Ein kurzer Kontrollblick über meine Schulter, ob die Luft rein ist, und schwupps, ist es auch schon unter meine Pfote gerutscht. Ich zieh an dem Papierfuzzerl an, spüre leichte Gegenwehr. Ruckartig lass ich es los und es schnellt sofort zurück ins Teehäferl. Immer weiter zieh ich es heraus, immer doller flutscht es zurück. Das ist echt eine Gaudi! Zupf, flutsch, zupf, flutsch. Hihi!

„Hanni, der Tee ist noch heiß. Du verbrennst dich.“ Frauli steht plötzlich vor mir. Ich war so in mein Spiel vertieft, ich hab sie gar nicht kommen hören. „Du weißt ja, das heiße Wasser tut weh.“ Quatsch, ich berühr deinen kostbaren Tee doch gar nicht. „Schau mal, wie das Häferl wackelt. Du hast Glück, dass es nicht umgefallen ist.“ Ja ja, und die Erde ist eine Scheibe. Frauli ist nur neidisch, weil ich das lustige Spiel vor ihr entdeckt habe. Sie greift nach dem Häferl, will es mir wegnehmen. Natürlich bin ich viel schneller, kralle mir das Papierfetzerl, ziehe daran. Die Schnur, an dem das Papierfuzzerl hängt, spannt sich gewaltig. Frauli zieht, ich ziehe. Frauli greift nach dem Papier. So schnell ich kann stopfe ich es mir in mein Mäulchen. Ha, da schaut sie jetzt aber! Taraaa, gewonnen!

„Hanni, spuck das Papier aus.“ Nein. „Hanni!“ Nein! „Hanni, das ist nicht gut für dich.“ Sie packt mich am Schnauzerl, reißt mein Mäulchen auf und fingert darin herum. „So, da ist es ja.“ Mein Mäulchen klappt zusammen, das Papierfutzerl verschwindet auf Fraulis Nachtkastl. Frauli drückt mir einen dicken Schmatz auf den Kopf. „Wenn du lauter so Spompanadeln machst, wirst du irgendwann krank. Dann müssen wir zum Tierarzt, Hanni. Und ich glaube nicht, dass dir das Spaß macht.“


Natürlich, der Tierarzt! Dass mir der nicht gleich eingefallen ist! Mein Rettungsanker. Wenn Frauli mich weiterhin so sekkiert, spiel ich auf krank und wir gehen zum Tierarzt. Und dort wird sie schon sehen, was sie davon hat. Dem erzähl ich dann nämlich alles. Na, da wird sie aber schaun, die Gute. Ha, die hat echt gedacht, sie kann mit mir machen, was sie will. Hihi!


Aber Moment einmal. Da stopft sie mich ja vorher in die Gefängnisbox. Und der Katzendoktor schaut mir in die Ohren, in mein Mäulchen und in meinen Popsch. Iiiih! Und dann drückt er auf meinem Bäuchlein herum. Und leuchtet mir mit seinem grellen Licht in die Augen. Und irgendwann piekst er mich wieder. Und … Mir wird schlecht.


Also, wenn ich es mir recht überlege, so schlimm ist es hier auch wieder nicht. Ich mein, jeder hat doch seine Macken, nicht wahr. Und die paar Flausen von Frauli sind ja nicht einmal der Rede wert. Da kann man schon einmal darüber hinwegsehen. Es gibt Ärgeres, oder?


Gut, dass ich eher der ausgleichende Typ bin. Da hat Frauli echt Glück mit mir. Eine andere Katze wäre da ja viel nachtragender. Die Nanni hätte wahrscheinlich wieder übertrieben genervt reagiert, so wie ich sie kenne. Wo ist die doofe Nuss überhaupt? Die sitzt sicher unten und tut auf unschuldig. Schon alleine, wenn ich an ihre Glubschaugen denke! Mal schaun, vielleicht kann ich sie ein bisserl ärgern. So zum Ausgleich.

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