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  • Autorenbildroswithazatlokal

26.11.2020


Liebes Tagebuch,


der Nanni ist mords-fad. Dominik und Maximilian haben noch immer wegen ihrer Verkühlung Hausarrest und der Bertl ist zu Besuch bei seiner Omi. Die ist nämlich krank und deswegen ist er mit seinem Frauli zu ihr gefahren. Er sagt, sie müssen für die Omi einkaufen gehen und kochen und so. Keine Ahnung, wann der wieder kommt.


Alleine mit mir freut es die Nanni überhaupt nicht Yoga machen. Sie sagt, es ist viel lustiger in der Gruppe. Zum Meditieren hab ich sie gerade noch überreden können. Ich hab ihr gesagt, wenn sie das richtige Mantra singt, dann wird das Universum alles für sie gerade biegen. Ohne um Erlaubnis zu fragen, schließt sich Frauli uns an.


Und so sitzen wir jetzt zu dritt auf der Couch und meditieren.

Die Nanni singt die ganze Zeit: „Alle werden wieder gesund. Alle werden wieder gesund. Alle …“

Mein heutiges Mantra lautet: „Lachs für die Miezekatze. Lachs für die Miezekatze. Lachs …“

Frauli singt: „Uns allen geht es gut. Uns allen geht es gut. Uns …“


Nachdem wir wegen des Lärms unsere Texte ein bisserl durcheinanderbringen, beschließen wir, dass wir alle drei ein und denselben Text singen. Wir könne uns aber wegen der Reihenfolge nicht einigen.

„Alle werden gesund. Lachs für die Miezekatze. Uns geht es gut“, so Nannis Vorschlag.

„Nein, ich möchte zuerst den Lachs und dann die Gesundheit.“ Um meine Forderung zu unterstreichen, stampfe ich ordentlich mit der Vorderpfote auf.

„Wieso kommt mein Satz eigentlich als letzter dran?“ Frauli hat sich mit verschränkten Armen vor uns aufgebaut, ihre Augen funkeln uns vorwurfsvoll an.

„Weil Gesundheit wichtig ist“, verteidigt Nanni ihren Satz.

„Aber wenn es uns gut geht, werden wir erst gar nicht krank. Also ist mein Satz wichtiger.“ Frauli stemmt jetzt die Hände in die Hüften.

„Und wenn ich keinen Hunger leiden muss, geht es mir gut und ich bin für keine Krankheit anfällig.“ Ich habe nicht vor, nachzugeben.


Du siehst, liebes Tagebuch, es ist ein Dilemma. Für jede von uns ist der eigene Satz wichtig.

„Wir könnten jede in einen anderen Raum gehen und meditieren“, schlägt Nanni vor.

„Gut, Ihr geht hinaus, ich bleibe“, greife ich ihre Idee sofort auf.

„Wieso sollen wir gehen?“, kontert die Nanni. „Geh doch in deine Bettzeuglade.“

„Nein, ich möchte hier meditieren.“

„Ich aber auch.“

„Also, alleine gehe ich auch nirgends hin. Immerhin ist es mein Wohnzimmer.“ Jetzt stampft Frauli mit dem Fuß auf.

„Gut, dann müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen.“ Nanni tut so, als würde sie angestrengt nachdenken. So ein falsches Luder aber auch. Die wartet jetzt sicher darauf, dass Frauli oder ich nachgeben.


„Ich könnte Ohrenstöpsel nehmen“, fällt Frauli ein. „Dann höre ich Euer Gekreische nicht mehr so laut.“

„Was heißt hier Gekreische?“ Ich bin empört. „Und was sollen wir machen?“

„Ich könnte Euch Kopfhörer einstöpseln. Vielleicht hilft es. Und falls sie in den Tiefen Eurer Riesenohren verschwinden kann ich sie an den Kabeln wieder heraus ziehen.“ Frauli hält in jeder Hand Kopfhörer von ihrem Handy. „Gut, dass ich mehrere habe.“

„Was meinst du mit Riesenohren?“, frage ich nach.

„Nix.“ Frauli stopft mir die Kopfhörer in meine Ohrwaschel, bevor ich irgendetwas erwidern kann. Dasselbe macht sie bei der Nanni. Wie eine Dirigentin hebt sie beide Hände. Ihre Lippen zählen bis drei. Ich höre sie wirklich nicht mehr oder tut sie nur so als würde sie was sagen? Mit einem Ruck lässt sie die Hände fallen und wir beginnen mit unserer Meditation.

„Alle werden wieder gesund. Alles werden wieder gesund. Alle …“

„Lachs für die Miezekatze. Lachs für die Miezekatze. Lachs …“

„Uns geht es gut. Uns geht es gut. Uns …“


Nur ganz leise vernehme ich die Stimmen der anderen. Wenn ich mich voll auf mich selber konzentriere verschwinden ihre Gesänge sogar total im Nirvana.


Irgendwann bin ich so entspannt, dass ich eindöse. Munter werde ich, weil mich etwas ganz furchtbar im Ohr drinnen drückt. Ich rapple mich hoch, ziehe an den Kabeln und mit einem „Flutsch“ schießen die Kopfhörer aus meinen Ohren. Verdattert schaue ich mich um. Es ist stockfinster und ich bin alleine. Wo sind denn alle hin? Mussten sie plötzlich flüchten? Haben sie mich im Stich gelassen, am Ende gar geopfert?


Ich schleiche mit klopfendem Herzen und eingezogenem Schweif ins Vorzimmer. Die Nanni liegt auf dem Vorzimmerkastl und schnarcht ganz laut. Oder ist es nur ein Klon, eine Nanni-Attrappe?


Vorsichtig tapse ich nach oben ins Schlafzimmer. Frauli liegt im Bett und schläft tief und fest. So eine Gemeinheit! Sie ist doch tatsächlich ohne mich schlafen gegangen. Oder ist das am Ende gar nicht mein Frauli?


Es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden. Ich nehme all meinen Mut zusammen, kneife die Augen zu Ninja-Schlitzen zusammen und mit einem „Hu!“ springe ich auf Frauli drauf.

„Hanni, was ist denn los?“ Sie knuddelt mich ganz toll. „Ja, komm her, du kleine Maus. Ist ja schon gut.“


Hach, es ist unverkennbar mein Frauli. Glücklich rolle ich mich auf ihrem Kopfpolster zusammen und brumme ihr ein Schlaflied ins Ohr.

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