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  • Autorenbildroswithazatlokal

26.04.2020

Aktualisiert: 10. Mai 2020


Liebes Tagebuch!

Juchu, heute ist Sonntag. Ich liebe den Sonntag. Da bleiben wir lange im Bett liegen und schlafen uns so richtig aus. Kein Wecker, kein Handy. Einfach nur Ruhe und Stille.

So wäre es, hätte ich das Bett für mich alleine. Aber wenn du mit der Meisterin der Unruhe zusammenlebst, hast du keine Chance. Wer das ist? Na, was glaubst du wohl? Erraten. Frauli! Die wurschtelt schon seit einer Ewigkeit mit der Decke herum, kugelt sich von einer Seite zur anderen und seufzt als hätte ihr der Nachbarskater die Mäuse geklaut. "Geh endlich aufs Klo", maunze ich ihr schon zum hundertsten Mal zu. Aber glaubst du, die hört auf mich? Ich hab ja noch Glück, dass sie mich nicht hochkant aus dem Bett katapultiert, so heftig dreht die sich herum. Es ist in unserem Bett wie auf der Hochschaubahn. Das kenn ich aus dem Fernsehen. Gar nicht lustig, sag ich dir. Ein ständiges Auf und Ab mit einem Höllentempo. Da wird dir schon schlecht beim Zusehen. Und genau das erleb ich gerade in diesem Moment. Live. In meinem Bett.

Als es gar nicht mehr geht, krabbelt sie - Gott sei es gedankt - widerwillig aus dem Bett, rutscht dabei auf dem Bettvorleger aus. Ihr Fluchen hört unter Garantie sogar noch der Nachbar, der mit seiner Frau unten im Garten in der Sonne sitzt. Beim Verlassen des Zimmers fädelt sie mit der Zehe beim Sockel der Komode ein. Ihr Heulen ist derart furchteinflößend ... So stelle ich mir ein Rudel hungriger Wölfe vor. Humpelnd müht sie sich die Treppe hinunter. Bis zu mir herauf höre ich ihren erleichterten Seufzer beim Aufs-Kisterl-setzen.

Ich beschließe, mir von ihr den Sonntag nicht verderben zu lassen. Fröhlich begleite ich sie ins Bad, versuche sie aufzuheitern. Sie setzt sich auf den Badewannenrand, inspiziert ihre Pfote. "Die ist sicher gebrochen. Zumindest hab ich das Gefühl, sie fallt mir gleich ab." Sie streckt mir ihre Zehe entgegen. Ich schnuppere kurz daran. Riecht wie immer.

Das Gejammere im Bad nervt, ein Ortswechsel ist angesagt. Nanni sitzt im Wohnzimmer im großen Blumentopf und putzt sich seelenruhig das Fell. Also wenn Frauli das sieht. Na da kannst du aber was erleben, Fräulein. Genüßlich leg ich mich auf die Couch und warte auf das Spektakel, welches mit Sicherheit gleich los geht. Summend wackelt Frauli die Stufen herunter. Wenn man sie so sieht, könnte man meinen, ihr wurde der Fuß ambutiert. Lachend guckt sie um die Ecke. Jetzt kommt`s, denke ich mir. Jetzt kriegt die Nanni endlich, was sie verdient. Aber Frauli meint nur: "Hast du keinen Hunger? Dein Schüsserl ist ja noch ganz unberührt." Kann mich bitte wer zwicken? Das hat sie jetzt aber nicht gesagt, oder? Ich werde ständig verstampert und diese blöde Kuh kriegt eine Essenseinladung? Zögernd erhebt sich Nanni, trottet extra langsam in die Küche. "Und du?" Frauli grinst mich freundlich an. Wie kann man nur so falsch sein? Was glaubt die denn, wen sie vor sich hat? Das ist doch diskr... diskri... diskribums. Also gemein. Ungerecht. Ein Skandal. Findest du nicht auch, liebes Tagebuch? Beleidigt rolle ich mich zusammen, tu so als wäre ich gar nicht da.

Mit gespitzten Ohren lausche ich auf die Geräusche in der Wohnung. Moment, da raschelt doch etwas. Es riecht nach ... Leckerli. Die verteilt Guttis und sagt mir nicht einmal was davon! Mir drückt es die Tränen in die Augen. Wie kann man nur so garstig sein?

Frauli setzt sich zu mir auf die Couch. "Hanni, bist du etwa krank? Magst du denn heute gar kein Leckerli?" Sie hält mir eines unter die Nase, zwängt es regelrecht zwischen meine Lippen. Hach, na gut. Dann will ich nicht so sein. Weil Sonntag ist. Und ich nicht streiten mag. Und weil sie so lieb bittet. Ich knuspere laut das mir dargebotene Häppchen.

"Komm Hanni, wir skypen jetzt mit der Ute. Hast du Lust?" Na ja, so ein kleines Tratscherl kann ja nicht schaden. Ich klettere auf Fraulis Schoß und wir wählen Utes Nummer. Die Ute hat einen großen schwarzen Hund. Der kommt aber nie zu uns. Ich glaube das liegt daran, dass die Ute Angst hat, dass wir ihrem Schnuffi weh tun. Damit könnte sie schon recht haben. Weil, wenn der mein Futter frisst oder mir blöd kommt ... ich brauch Frauli nur zu sagen, dass er mir was getan hat und dann legt die aber los. Die haut dem dann voll eine auf die Schnauze. Da bin ich mir sicher. Also ist es ganz gut, wenn er erst gar nicht kommt.



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