Liebes Tagebuch,
es flutscht heute nur so beim Schreiben, dass es eine Freude ist. Meine Euphorie erhält jedoch einen gehörigen Dämpfer. Ich kann nichts ausdrucken! Egal, wo ich auch draufdrücke, es tut sich nichts. Es ist echt zum Verrücktwerden!
Da fällt mir ein, dass Frauli vielleicht den Drucker abgedreht hat und ich mache mich auf die Suche nach dem Einschaltknopf. Das ist gar nicht so einfach wie man denkt. Noch dazu, wenn man so klein ist wie ich. So weit ich mich erinnere, leuchtet irgendwo ein Licht auf, sobald man die richtige Taste drückt.
Na gut, dann nichts wie rauf auf den Drucker. Taste. Taste. Taste, wo bist du? Die muss doch da irgendwo sein. Ich weiß, dass Frauli immer da oben wo draufdrückt. Aber wo?
Hm, vielleicht hilft es, wenn ich einfach mit meinen Pfoten überall draufpatsche. Schaden kann es keinesfalls. Na, dann mal los: patsch, patsch, patsch, … Oh, da! Das Licht! Juchuh!
Und wie krieg ich jetzt das Geschriebene vom Laptop in den Drucker? Das weiße Blatt huscht auf verschlungenen Pfaden, die mir bisher verborgen blieben, aus dem Laptop zum Drucker und der spuckt es aus. So viel hab ich kapiert. Nur, wie schicke ich das Blatt auf die Reise? Mal überlegen. Vielleicht, wenn ich einfach alle Tasten auf dem Laptop drücke?
Ich springe vom Drucker hinunter, direkt auf die Tastatur des Laptops. Eine Melodie summend tapse ich auf jede einzelne Taste. Ich fühle mich wie Gene Kelly in „Singin` in the Rain“. Leise beginne ich zu summen: „I'm singin' in the rain. Just singin' in the rain. What a glorious feeling. I'm happy again.“ Beschwingt und leicht wie eine Feder tanze ich über die Tasten. Ich steppe was das Zeug hält, die Tasten unter meinen Pfoten klackern melodisch. Ich setze zu einer Pirouette an - und erstarre mitten in der Drehung.
Frauli steht vor mir. Den Mund weit aufgerissen, die Augen starr auf mich gerichtet, stammelt sie: „Hanni, du tanzt? Und du singst? War das jetzt Gene Kelly?“
„Nein.“
„Was dann?“
„Nichts.“
„Aber …“
„Nein.“
„Aber …“
„Nein!“
Sie setzt sich auf ihren Schreibtischsessel, ihr Gesicht ist irgendwie … weiß. Weißer noch als die Wand. „Was machst du eigentlich? Wieso bist du hier?“ Ihr Blick fällt auf den Drucker. „Hast du den eingeschaltet?“
„Nein.“
„Wolltest du etwas drucken?“
„Mach dich nicht lächerlich. Ich bin eine Katze.“
„Ich glaube … irgendwie ist mir gar nicht gut.“
„Leg dich hin.“ Ups, das hätte ich jetzt vielleicht nicht sagen soll.
Aber Frauali murmelt nur: „Ja, das mach ich wohl besser.“
Sie steht auf, schlurft Richtung Schlafzimmer. „Moment einmal. Hast du mich gerade ins Bett geschickt?“
Ich glaube, es ist besser, ich schweige ab sofort.
„Hanni?“ Fragend mustert sie mich von der Schwanzspitze bis zu den Ohren.
„Miauuu!“
„Hanni, geht es dir gut?“
„Schnurrrrrrrrrr!“
„Ob das das Virus ist? Aber es steht nirgends, dass man halluziniert. Ob ich überarbeitet bin?“
Mit gesenktem Kopf taumelt sie, mehr als sie geht, ins Schlafzimmer, legt sich ins Bett und zieht sich die Bettdecke über den Kopf.
Fast tut sie mir ein bisserl leid.
Commentaires