Liebes Tagebuch!
Schau einmal, was die Nanni schon wieder macht! Siehst du es? Schau genau hin! Und, was sagst du?
Die liegt da und tut so, als würde sie nichts tun. Aber mich legt sie nicht herein. Mich nicht. Ich weiß doch genau, dass sie etwas vorhat. Dass sie eine Gemeinheit plant. Oder geplant hat. Dass sie irgendetwas ausheckt. Mich wieder vorführen will. Sich bei Frauli einschleimen möchte.
Schau nur, wie sie auf unschuldig tut. Dass man so arg sein kann! Das musst du einmal bringen! Sieh dir diesen Gesichtsausdruck an. Als könnte sie kein Wässerchen trüben. Die Unschuld in Person. Aber ich fall da nicht drauf rein. Ich nicht.
Ha, hast du gesehen, wie sie gezuckt hat? Wahrscheinlich ist sie nun doch etwas nervös. Die kriegt ja mit, dass ich sie im Visier hab. Dass ich mich nicht täuschen lasse. Nein, meine Liebe, da hast du dir die Falsche ausgesucht.
Die glaubt, wenn sie so tut, als wäre sie meine Schwester, kommt sie damit durch. Glaubt sie aber nur. Die hat nicht mit mir gerechnet. Mit meiner Menschenkenntnis, meiner Wachsamkeit. Du kommst schon noch in meine Gasse, Püppchen.
Na, guck doch mal, so ein zartes Gähnerlein. Ach Gottchen! Wen will die damit täuschen? Mit ihrem Geziere und Getue. Mit den Glubschaugen, die so was von unschuldig schauen können. Aber nicht mit mir, Fräulein. Nicht mit mir.
Dass Frauli das nicht sieht! Diese Falschheit. Diese Fremdheit. Das sieht doch eine Blinde, dass die nicht mit mir verwandt sein kann. Was hat Frauli nur an der gefressen? Ich halte das gar nicht mehr aus. Wenn sich da nicht bald etwas ändert …
Ich kann mir das nicht mehr länger ansehen. Ich glaube, ich gehe hinein. Soll sie doch die Gartenliege für sich alleine haben, die doofe Nuss. Wenn es sie glücklich macht.
Oh, der Rote. Jetzt aber schnell. Hilfe! Vielleicht komm ich noch rein bevor er mich sieht.
Na, was macht sie denn jetzt, die Braungestreifte? Verkrümelt sich, weil der Rote kommt. Lässt mich alleine zurück. War ja klar. Was auch sonst.
Oh, sie hält mir die Katzenklappe auf, winkt mir zu, ich soll mich beeilen. Ach so, ich steh ja noch immer vor Angst erstarrt in der Gegend herum. Na, dann aber mal los.
Puh, geschafft! Ich bin in Sicherheit. Wo ist denn die Nanni? Ach du meine Güte, die watscht den Roten draußen ab. Ob ich ihr helfen soll? Nein, lieber nicht. Der schlägt zurück! Was ist das denn für ein Mann? Gegen ein schwächeres Mädel. So eine feige Sau. Na warte!
„Was machst du mit meiner Schwester, du mieses Stück Fell?“, schreie ich durch die Klappe hinaus.
Nur kurz ist er abgelenkt. Aber das reicht. Nanni quetscht sich an ihm vorbei, düst durch die Klappe und bleibt röchelnd auf dem Wohnzimmerteppich liegen.
Meine tapfere Schwester. Ich lecke ihr über die üble Schramme, die ihr der dicke Rote verpasst hat. Wenn sie nicht gewesen wäre würde ich jetzt verletzt hier liegen. Vor lauter Rührung knuddle ich sie für einen Augenblick.
So übel ist sie nun halt doch nicht, meine dumme Nuss.
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