Liebes Tagebuch,
stell dir vor, was mir passiert ist. Wieder einmal. Und wieder einmal kann ich nix dafür. Echt.
Ich spaziere, an nichts Böses denkend, durch den Garten, riech da an einem Blümchen und dort an einem Strauch. Beobachte die Käferl, beschnuppere einen frechen Falter. Genieße die Natur.
Und trete in einen Dreckhaufen.
Meine Vorderpfoten stecken bis zu den Knien fest in braunschwarzem Gatsch. Mein schönes weißes Fell ist total ruiniert. Das krieg ich nie wieder sauber!
Hinter mir wuzelt sich die Nanni, die doofe Nuss, im Gras vor Lachen. Die kichert so laut, dass Frauli in den Garten gelaufen kommt, um nach dem Rechten zu sehen.
„Was ist denn, Nanni?“ Ihr Blick fällt auf mich. „Ja, Hanni, wie ist denn das passiert?“
Irre ich mich oder beißt sie sich auf die Lippen, um nicht lauthals loszulachen? Aus ihren Augen rinnen unaufhaltsam Tränen, hinterlassen eine breite Spur auf ihrem Gesicht. Ha, wenigstens ist jetzt ihr Make-up ruiniert vom Nicht-Lachen. Geschieht ihr aber so was von Recht!
Mir ist zum Heulen. Anstatt mich zu trösten, lachen die mich aus!
Und wer hat Schuld? Wieder einmal? Frauli natürlich. Wenn der Garten nicht so verdreckt wäre, würde ich hier nicht in einem Gatschhaufen stehen. Da muss man halt manchmal sauber machen! Aber dafür hat Madame ja keine Zeit. Pfff!
„Warte Hanni.“ Frauli verschwindet im Haus, kommt mit einem Badetuch zurück. Sie wickelt mich ganz fest darin ein. „Komm, wir machen dich sauber, du kleiner Dreckspatz.“ Frauli trägt mich ins Haus. „Das wird dir jetzt nicht gefallen, aber das muss sein.“ Sie lässt Wasser ins Waschbecken und taucht meine Haxen blitzschnell darin ein.
„Spinnst du?“, rutscht es mir heraus. Fluchtgedanken schießen durch meinen Kopf. Ich strample, was das Zeug hält. Bevor ich jedoch flüchten kann, ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Aus dem Spiegel sieht mich eine ägyptische Mumie an. Oh, das bin ja ich. Oh-la-la, und so eine hübsche Mumie noch dazu. Ich zwinkere mir aufmunternd zu.
Schließlich sinken Frauli und ich erschöpft im Wohnzimmer auf die Couch. Frauli rubbelt mir meine Pfoten trocken, achtet dabei streng darauf, dass ich nicht doch noch abhaue. Ich sag dir, liebes Tagebuch, wenn man so klein ist, hat man überhaupt keine Chance auf Selbstbestimmung. Ich bin hier so was von einer Minderheit. Vielleicht sollte ich in die Politik gehen. Macht ja schon jeder, warum also nicht auch ich?
Ich werde energisch auf eine Decke gesetzt. „Schön sitzen bleiben bis du ganz sauber und ganz trocken bist, Hanni. Den Rest schaffst du sicherlich alleine.“ Sie tätschelt mir mein Köpfchen, drückt mir einen Schmatz zwischen die Ohren. „Ich hol Euch ein Leckerli.“
Hach, mein Frauli.
Moment einmal, wieso kriegt die dumme Nuss auch ein Gutti?
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