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  • Autorenbildroswithazatlokal

21.05.2020


Liebes Tagebuch,

ich wurde heute schon wieder gedemütigt. Also, alles was recht ist, aber wenn die so weitermacht, suche ich mir eine andere Futterstelle. Ich hab mich ja eh schon ein bisserl umgeschaut, aber bei uns im Garten ist nix. Da gibt es Gras und Blumen, Käfer und Vogerl und so was, aber keine gefüllten Futterschüsserl. Oder ein kuscheliges Schlafplätzchen, falls es kalt ist. Die Terrasse hat zwar ein Dach, ist aber nicht geheizt, weißt du. Und wer schmust denn dann mit mir? Ich bin also für den Rest meines Liebens hier gefangen, ihr total ausgeliefert. Aber ich schweife ab.

Also, Frauli bastelt wieder einmal an ihrem Roman herum. Als ob der noch was werden würde! Dabei füttere ich sie laufend mit guten Einfällen. Gestern zum Beispiel habe ich ihr von dem Stinkekäfer erzählt, den ich fast verschluckt hätte. Und hat sie darüber geschrieben? Natürlich nicht. Frauli tippselt eine Weile auf der Tastatur herum, murmelt was von „Klopause“ und zischt ab. Ich denk mir noch, aufs Klo muss ich jetzt nun wirklich nicht mitgehen, da kann ich genauso gut da bleiben. Also sitz ich da und warte. Zwischendurch mach ich ein Nickerchen auf dem Mausbett (keine Ahnung, warum das so heißt, hier hat noch nie eine Maus oben drauf geschlafen), sinniere über mein Leben nach und überlege, was ich heute wohl zum Nachtmahl bekomme. Tja, und weil sie nicht daherkommt, krieg ich Lust zu schreiben. Wie ich so aufspringe, schubse ich versehentlich mit meinem Popschi Fraulis Kaffeehäferl um. Der Kaffee bildet eine kleine Lacke mitten auf dem Schreibtisch. Mir bleibt jetzt nichts anderes über, als es wegzuschlecken. Bäh, hast du gewußt, wie grauslich Kaffee schmeckt? Ich kann dieses Zeugs nicht zu mir nehmen. Niemals! Darauf zu hoffen, dass es ihr nicht auffällt, bringt wahrscheinlich auch nix. Ich leg mich in meine Schachtel neben dem Schreibtisch und stell mich schlafend. Und warte.

„Haaaaannnniiiii!!!“ Ich schlafe tief und fest, basta. „Hanni, du brauchst dich gar nicht totstellen.“ Tu ich aber. „Hanni, was hast du mit meinem Kaffeehäferl gemacht? Stell dir vor, da wäre mehr drinnen gewesen, dann hätten wir den Laptop schmeißen können.“ Es war aber nicht mehr drinnen. „Hanni!“ Ich maunze ihr ein verschlafenes „WAS?“ entgegen. Unschuldig schaue ich sie an, lenke ihren Blick auf Nanni, die auf dem Schreibtisch knotzt und sich putzt.

„Nein, meine Liebe, du brauchst es gar nicht erst auf die Nanni zu schieben. Die war die ganze Zeit bei mir. Es gibt nur ein Lebenwesen in diesem Raum, das ein schlechtes Gewissen haben sollte.“ Hm, wer könnte das wohl sein? Haben wir noch ein Haustier? Fragend sehe ich Frauli an. „Hanni, es reicht wirklich. Du weißt ganz genau, dass du gemeint bist.“ Pfff, der kann man aber auch wirklich nix verheimlichen. Richtig gemein ist das, wenn du mich fragst, liebes Tagebuch.


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