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  • Autorenbildroswithazatlokal

21.04.2020

Aktualisiert: 10. Mai 2020



Liebes Tagebuch!

Ich rede nie wieder mit Frauli. Nie, nie wieder.

Stell dir vor, wie aus dem Nichts stehen heute plötzlich unsere Gefängnis-Boxen mitten im Wohnzimmer! Was tun die da unten? Und wer hat sie da hingestellt? Die stehen doch sonst immer oben im Büro unter Fraulis Schreibtisch. Da tun sie nix, da kümmern sie mich auch nicht. Sogar die Nanni, die manchmal ein Nickerchen darin macht, verzieht sich mit einem verächtlichen Krächzen in Richtung Garten. Eine komische Anspannung liegt in der Luft.

Frauli tut so, als bemerke sie nichts, knotzt sich mit Kaffee und Zeitung in ihren Lieblingssessel. Ich traue dem Frieden nicht, beschließe wachsam zu bleiben, während wir gemeinsam lesen. "Magst du ein Wursti haben? Frauli hat leckeren Schinken." Frauli springt hoch. Sie scheint total zu vergessen, dass ich auf ihrem Schoß döse und kriegt mich gerade noch zu fassen, bevor ich auf den Fußboden knalle. "Haha, was bist du nur für ein Katzi", kichert sie. Was soll ich schon für ein Katzi sein? Ein verschlafenes vielleicht? Sie rennt auf die Terrasse. "Nanni, Schinki!" Nanni kriecht sofort unterm Tisch hervor, ihre Schnurrhaare zittern erwartungsvoll. Wir düsen mit Frauli zum Kühlschrank. Aber anstatt uns den Schinken in der Küche in unsere Tellerchen zu legen, setzt sich Frauli vor die Gefängnis-Boxen und verteilt den leckeren Schinken auf dem Boden. Mann, ist der gut.

Schwupp, plötzlich schaut mich Nanni durch die Gitterstäbe an. Alarm! Alarm! Ich schnappe mir ein Schinkenstück und renne zur Terrassentür. Frauli packt mich und stopft mich in die zweite Box. Als hätte sie eine Chance gegen mich. Von den Ohren bis zur Schwanzspitze, alle vier Pfoten und jedes einzelne Haar meines Felles, stemmen sich normalerweise gegen die Einstiegsluke. Normalerweise. Aber heute ... ich kann doch den guten Schinken nicht fallen lassen!

Die Autofahrt ist der reinste Horror. Auf der einen Seite plärrt Nanni mir ins Ohr, auf der anderen Seite murmelt Frauli mit weinerlicher Stimme: "Gleich sind wir da. Nix passiert. Gleich sind wir da. Nix .." Nix passiert? Hallo, ich bin eingesperrt! Und wo sind wir gleich da? Und dann schnalle ich es. Wir fahren zu den Tierarzt-Menschen. Oh Mann, das heisst, die gaffen wieder überall rein, wo nur geht. Nicht nur in die Öhrchen und mein Mäulchen, nein manchmal kommt auch mein Popschi dran. Sie nennen das dann Fieber messen. Pffff!

Ich versteck mich so gut es geht in meiner Box, mein Herz rast, mein Atem rasselt. Den Kopf unter meiner Decke hoffe ich, dass sie mich einfach übersehen. Natürlich finden sie mich. Überrascht stelle ich fest, dass die Tierarzt-Frau in der ganzen Aufregung mein Popschi ignoriert. Ha, Glück gehabt. Iiih, was macht sie denn da? Irgend etwas piekst mich ganz furchtbar. Beinahe zeitgleich verpasst mir der Tierarzt-Mann irgend etwas Kaltes, Nasses in den Nacken. Spinnen die, zu zweit gegen eine kleine Katze! Wenn ich nicht wie gelähmt wäre vor Angst, würde ich die beiden jetzt aber so was von kratzen. Oder beißen. Oder beides. Die haben ein Glück, sag ich dir! Nanni läßt alles stumm über sich ergehen, frißt nach der Prozedur den dargebotenen Schinken und guckt zufrieden aus der Box heraus. Mir ist vor Aufregung total schlecht, ich krieg keinen Bissen hinunter.

Endlich wieder zu Hause angekommen, flötet Frauli: "Schaut mal, meine Süßerlis, Frauli hat noch ein Gutti für euch." Nanni frißt ihr sofort freudig schnurrend aus der Hand. Rückgradloses Biest aber auch! Also das mach ich mit Sicherheit nicht. Ich mein, erst wird man eingesperrt, gekidnappt, gepiekst und .... Mmmh das Leckerli ist aber echt so was von gschmackig. Aber ICH schmuse deswegen nicht mit Frauli. ICH nicht. Zumindest nicht jetzt. Hm, da fällt mir ein, müsste nicht noch ein Stück Schinken in meiner Box liegen? Da muss ich schnell mal schaun, nicht dass die Nanni den findet.








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