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Autorenbildroswithazatlokal

19.07.2020


Liebes Tagebuch,

heute ist es total lustig bei uns. Frauli möchte sich ständig mit der Nanni und mir unterhalten. Sie stellt uns andauernd Fragen und wartet auf Antworten. Ich meine, sie hat bisher ja auch immer mit uns geredet. Aber halt anders. Jetzt macht sie nach jeder Frage eine Pause und sieht uns auffordernd, abwartend, bittend oder sogar enttäuscht an. Je nachdem. Dann seufzt sie, schüttelt den Kopf und murmelt: „Ich dreh schon total durch.“


Die Nanni und ich zerkugeln uns regelrecht. Das ist so lustig. Alleine Fraulis Gesicht dabei. Wir haben uns extra ausgemacht, dass wir heute den ganzen Tag schweigen. Nur ab und zu ein undefinierbares Maunzerl ist erlaubt, aber keine konkreten Antworten. Hihi!


„Hanni, du bist heut so still. Ist irgendetwas?“ Nein. Außer, dass du mir mittlerweile direkt ein bisserl leid tust, ist nix.


„Wollt ihr Milch?“ Die Nanni springt bei dem Wort Milch gleich aufs Küchenkastl, beschmust die Kühlschranktür. „Also verstehn tut ihr alles, das lass ich mir nicht nehmen.“


„Oh, schmeckt Euch das Futter nicht? Wollt Ihr etwas anderes?“ Wir schauen sie schweigend an, Nanni maunzt. „Wenn ihr mir keine Antwort gebt, kriegt ihr nix anderes.“ Schade, aber wir werden es überleben.


„Vielleicht waren es gestern doch die Nerven. Aber dass ich gleich schon Stimmen höre?“


Nanni stupst Frauli an, schnurrt lautstark durch die Gegend. „Hach, na gut. Kriegst ein anderes Futter. Das sieht auch wirklich nicht so toll aus. Ich glaub, das kauf ich nimmer. Mal schaun, was ich für Euch habe. Vielleicht Huhn mit Lachs?“

„Ja, bitte, bitte“, rutscht es Nanni heraus. So ein Schmarrn.

„Hast du gerade bitte gesagt?“ Wir schweigen. „Wieso hab ich Euch bisher nie verstanden? Ob ich mir einen Termin beim Arzt ausmache? Ich meine, die einen hören Gott, die anderen den Teufel und ich halt zwei süße Katzen. Es hätte mich schlimmer treffen können, oder? Ob es an den neuen Hörgeräten liegt?“ Frauli seufzt.


Oh, was sehen meine müden Katzenaugen denn da? Auf dem Tisch steht mutterseelenallein eine Schüssel mit Müsli. Es riecht so lecker, ich muss einfach auf den Tisch hopsen, ob ich will oder nicht. Vorsichtig tippt meine Pfote ohne mein Zutun in die Schüssel. Leckeres Joghurt bleibt an meinen Zehen und meinem Fell hängen. Genüsslich lecke ich es ab.

„Haaannniii!“

„Waaas!“

„Du weißt genau, dass du mein Essen in Ruhe lassen sollst.“

„Weiß ich das?“

„Ja!“

Wir starren uns an. Ich glaube, wir haben gerade beide ein Déjà-vu.

„Okay, das reicht. Nachdem wir uns verstehen … Ich meine, wir sollten es sehen als das, was es ist: Eine Erleichterung in unserer Kommunikation.“

„Genau“, sage ich trotzig.

„Wir erzählen es einfach niemanden. Und basta.“

„Genau.“

„Kannst du auch etwas anderes sagen außer genau?“

„Miau?“

„Hanniiii!“ Frauli lacht. Nanni und ich stimmen ein.

„Geh vom Tisch runter.“ Nein. „Hanni.“ Nein. „Hach, du machst mich fertig.“ Frauli packt mich und setzt mich auf den Boden. „Kannst du nicht braver sein. Nimm dir ein Beispiel an deiner Schwester.“ Na, das musste jetzt ja wieder kommen.

„Ätsch!“ Nanni streckt mir die Zunge raus.

„Nanni?“ Frauli greift sich auf die Stirn. „Vielleicht bin ich kränker als ich glaube.“

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