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15.11.2020

Autorenbild: roswithazatlokalroswithazatlokal

Liebes Tagebuch,

nachdem die Braungestreifte sich nicht vergraulen lässt und keinerlei Anstalten macht, sich freiwillig zu verziehen, habe ich meine Taktik geändert. Ich versuche es jetzt auf die freundliche Art.


Ich begrüße sie mit Küsschen, teile sowohl Futter als auch Spielzeug mit ihr. Tue so, als störe sie mich nicht im Geringsten. Meistens jedenfalls. Was natürlich keinesfalls der Wahrheit entspricht. Im Gegenteil. Ich empfinde es als Zumutung, meine Wohnung mit dieser Miezekatze teilen zu müssen. Wobei, wenn es nur um die Wohnung ginge, fände sich vielleicht ja eine Lösung, wie man sich bestmöglich aus dem Weg geht. Aber ich muss ja sogar mein Frauli mit dieser Bestie teilen!


Aber ich bewahre Contenance (mein neues Wort des Tages). Ich wundere mich bereits über mich selbst, wie liebenswürdig ich sein kann. Ein Beispiel gefällig?

Ich liege auf Fraulis Schoß, genieße unser kleines stilles Glück, unsere Zweisamkeit. Plötzlich geht die Katzenklappe, die Nanni brettert herein und setzt sich unmittelbar vor uns hin. Sitzt da und fixiert uns mit ihren Glubschaugen. Macht keinen Mucks dabei. Sitzt und wartet. Und schaut.

Und was tue ich, die neue Hanni?

Stillschweigend erhebe ich mich und lege mich auf die Decke zu Fraulis Füßen. Räume somit das Feld. Mache Platz für die Nebenbuhlerin. Einfach so. Cool, oder?

So als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, platziert die doofe Nuss sofort ihren dicken Hintern auf mein Frauli. Genießt, grinst und brummt.

Und wie reagiert mein Frauli? Spielt einfach mit. Ist das nicht wunderbar? Wir brauchen keine Absprachen, keine Vereinbarungen. Nein, wir verstehen uns auch so, mein Frauli und ich. Wir beide tun, was notwendig ist, um die braungestreifte Miezekatze nicht misstrauisch zu machen. Und so opfert sich mein Frauli und kuschelt pflichtbewusst mit der blöden Nanni. Und wie gut Frauli schauspielern kann! Nie und nimmer kommt die doofe Nuss auf die Idee, dass das alles nur gespielt ist. Ahnt nicht, dass Frauli viel lieber mich auf ihrem Schoß hätte und nur gute Miene zum bösen Spiel macht, um unser Ziel nicht zu gefährden.


Hoffentlich halte ich noch länger durch, liebes Tagebuch. Ich darf nicht einknicken, bevor nicht der Moment der Vergeltung gekommen ist. Weil, und das ist so sicher wie mein Vormittagssnack, über kurz oder lang schlage ich zurück. Zahle ich meiner Kontrahentin die mir angetane Schmach zurück. Mit Zins und Zinseszins. Es gilt nur, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Aber dafür muss sie sich in absoluter Sicherheit wiegen.


Ach, ich liebe diese Soaps. Da hört man so tolle Ausdrücke, wird wortgewandter und lernt von der Picke auf Intrigen zu schmieden. Herrlich! Wirklich sehr empfehlenswert. Dieses Bildungsfernsehen zahlt sich echt aus.

Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an bei der Vergeltung.


Sobald sich die doofe Nuss in Sicherheit wiegt und mit keinem Gegenschlag rechnet, trifft sie meine Rache. Und zwar dort, wo es ihr am meisten weh tut: Ich stehe einfach nicht auf, wenn sie vor uns sitzt. Ich bleibe sitzen auf meinem Frauli und lasse sie stehen!

Auf ihr dämliches Gesicht freue ich mich heute schon.

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