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  • Autorenbildroswithazatlokal

12.12.2020

Aktualisiert: 1. Nov. 2021


Liebes Tagebuch,

juchuh, heute ist Meditationstag! Ich freu mich total drauf.


Als erstes lege ich die Zierpolster alle bequem zum Sitzen um. Weißt du, warum die Menschen die immer aufstellen, liebes Tagebuch? So kann man doch nicht darauf sitzen.

Kaum habe ich den letzten Polster umgekippt und zurechtgedrückt, klopft auch schon der erste Gast an die Katzenklappe. Es ist Bertl.

„Hach, ich bin schon so gespannt auf die Meditation.“ Schwungvoll lässt er sich auf den ihm zugewiesenen Polster nieder.

„Es wird dir gefallen“, säuselt die doofe Nuss. Immer wenn ein Mann in der Nähe ist, kriegt sie diesen merkwürdigen Gesichtsausdruck und einen ganz eigenartigen Tonfall in der Stimme.


„Hallo, dürfen wir herein?“ Dominik und Maximilian stehen vor der Tür.

„Immer herein!“ Ich zeige auf Bertl. „Setzt Euch bitte zu Bertl.“ Und an Nanni gewandt: „Hoffentlich kommt Frauli nicht zu früh heim. Findest du es gut, dass wir das hier herinnen machen?“

„Die kommt schon nicht so schnell. Sie hat etwas von physikalischer Therapie gefaselt und eine Riesentasche mitgeschleppt. Das dauert.“ Sie wendet sich unseren Gästen zu. „Also, meine Herren. Los geht’s. Bertl, mach einfach, was wir machen. Und wenn dein Körper was anderes verlangt, dann gib dem ruhig nach.“


Liebes Tagebuch,

ich bin es Frauli. Nachdem meine Therapie heute ausfällt, bin ich ruckzuck wieder zu Hause.

Komisch, meine Miezekatzen begrüßen mich gar nicht an der Wohnungstür. Wahrscheinlich ist Nanni im Garten und Hanni hat sich sicher nochmals ins Bett gelegt.


Ich streife mir die Schuhe von den Füßen, schlendere in die Küche. Und erstarre. Ein roter Katzenpopsch ragt aus unserem Katzenfutter-Vorratskastl. Lautes Schmatzen dringt aus den Tiefen des Kastls heraus.

„Entschuldige?“ Ich stupse den roten Popsch an. Die Fressgeräusche verstummen, der Popsch bewegt sich weiter ins Küchenkastl hinein, verschwindet zur Gänze. Wie macht der das bloß? So viel Platz ist da drinnen doch gar nicht. „Entschuldige, kommst du da bitte heraus?“ Zwei Augen blinzeln mich an. „Bertl?“ Ich glaube einen Seufzer zu vernehmen. „Bertl, bist du das?“ Ich ziehe den roten Katzenkörper heraus. Es ist Bertl. Seine Schnurrhaare zieren Brösel, in seinem Fell kleben Verpackungsreste.

„Bertl, was machst du in unserem Kastl? Und weißt du eigentlich wie ungesund dieses Verpackungsmaterial ist? Du wirst krank davon.“ Ach du meine Güte. Ich rede mit dem Kater wie mit einem ungezogenen Kind. Na ja, wenn man es genau nimmt, ist er das ja auch. Mit weit aufgerissenen Augen sieht er mich an. Ich glaube, er weiß nicht recht, ob er fliehen oder bleiben soll. Ich putze seine Schnurrhaare und sein Fell sauber.

„Du kannst doch nicht einfach bei uns einbrechen. Außerdem stehen hier doch genügend Futterschüssel herum, da musst du nicht extra was aufreißen.“ Wie dumm von mir. Natürlich reißt er sich die Leckerlis auf, wenn sie schon auf dem Präsentierteller vor ihm herumstehen. Obwohl … Wie hat er das Kastl aufbekommen? Schlauer Kater.

Ich setze ihn auf den Boden, gehe ins Wohnzimmer. Und bin wie gelähmt. Auf meiner Couch sitzen diese zwei fremden Kater. Und meditieren mit meinen Miezen. Die Burschen scheinen den Takt anzugeben, meine Mädels singen dazu. Alle wiegen sich mit geschlossenen Augen hin und her, scheinen in so einer Art Trance zu sein.

Ich räuspere mich. Keine Reaktion. Ich räuspere mich lauter. Hanni, die sich als einzige gestört zu fühlen scheint, blinzelt. „Pst!“ sagt sie in meine Richtung und macht weiter.

Hat mir meine Katze gerade eben ein „Pst“ zugezischt?

„Hanni …“, beginne ich.

„Pst, gleich.“

Wortlos gehe ich in die Küche, drehe die Kaffeemaschine auf. Wenn ich schon nichts sagen darf, dann mache ich halt anderweitig Lärm. Bertl sitzt noch immer in der Küche. Er hat sich mittlerweile über die Milch der Mädels hergemacht. Seine Schnurrhaare schimmern weiß, Milchtröpfchen hängen an seinem Kinn.


Träume ich das vielleicht alles nur? Ja, das muss es sein. Ich schlafe noch und träume. Ha, drei Besucherkatzen bei meinen Mädels! Nein, die Hanni würde niemals so ruhig dabei sitzen. Dazu ist sie viel zu nervös und ängstlich. Es kann nur ein Traum sein.

Während ich stehend in der Küche meinem Kaffee trinke, macht sich Bertl zu meinen Füßen sitzend sauber. Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit aufzuwachen. Stattdessen schlendert Nanni bei der Tür herein, stupst Bertl an und verlässt mit ihm die Küche.

Ich gehe ihnen nach. Große Verabschiedung auf unserer Terrasse.


Mit verschränkten Armen versperre ich meinen Katzenmädels den Weg. „Ich warte auf eine Erklärung.“ Beide schweigen. „Gut, meine Damen. Eine Woche Leckerli-Verbot.“

„He, das ist gemein. Wieso kommst du auch so früh heim!“, faucht mich Hanni an.

„Ach, jetzt bin ich also schuld?“

„Ja.“ Hanni stampft mit der Vorderpfote auf, tritt dabei auf ihre Quietsche-Ente, die ein bekräftigendes „Quakquakquak“ von sich gibt.

„Hanni, sobald eine fremde Katze nur in deine Nähe kommt, fürchtest du dich normalerweise. Und auf einmal hockt ein ganzes Rudel fremder Kater bei uns in der Wohnung. Bertl hat unsere Vorräte geplündert. Ich würde echt gerne wissen, was hier los ist!“

„Der Bertl, der Depp, hat das mit „tu was dein Körper verlangt, gibt dem nach“ ein wenig zu wörtlich genommen. Da kann ich doch nix dafür. Die blöde Nanni wollte Freunde. Sie hat mich gezwungen.“

„Spinnst du?“ Nanni boxt ihre Schwester in die Seite.

„He, das stimmt doch. Du und dein Rudelgehabe“, schluchzt Hanni.

„Na warte! Ich werde dir gleich ...“

Ich schleppe mich die Stufen hoch, lege mir einen Waschlappen auf die Stirn und geh ins Bett. Vielleicht gibt es sie ja doch, diese Parallelwelten. Und ich bin in einer gelandet, in der Katzen sich seltsam verhalten. Vielleicht bin ich irgendwo falsch abgebogen, hab die Ausfahrt versäumt, komm aus irgendeinem Grund nicht mehr weg. Mich fröstelt.


„Miau! Brrrrr!“ Eine feuchte Nase stupst mich an. „Miau! Brrr!“ Ich schiele mit einem Auge unter dem Waschlappen hervor. Hanni sitzt vor mir. „Brrrrrrrrrr!“

Ha, es war also doch nur ein Traum. Gott sei Dank! Ich springe aus dem Bett und gehe nach unten.


Unser Katzenfutter-Vorratskastl steht weit offen, zerrissene Packungen und angefressene Leckerli-Stangerl liegen herum. Mist! Ich komme da nie wieder raus.

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