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  • Autorenbildroswithazatlokal

11.06.2020


Liebes Tagebuch,

Frauli ist heute gaaanz lang mit mir im Bett liegen geblieben. Das war schön. Wir sind dann sogar nach dem Frühstück nochmals ins Bett gekrochen und haben gemeinsam die Zeitung gelesen. Ich schließe daraus, dass heute Sonntag ist. Weil, wenn es ein anderer Tag wäre, dann würden wir nicht alles so gemächlich und beschaulich angehen. Schon langsam und bedächtig, aber doch anders. Verstehst du, was ich meine, liebes Tagebuch?


Eigentlich ein Wahnsinn, wie schnell eine Woche vergeht. Jetzt sitzen wir auf der Terrasse und hören den Vogerln zu. Die trällern und zwitschern, dass es eine Freude ist. So schön. Wie heißt das noch? Ach ja, einfach unbeschreiblich. Hihi, das hab ich gestern im Fernsehen gehört, das Wort. Unbeschreiblich. Ich glaub, da meinen sie, dass man etwas nicht erklären kann. Eben, weil es unbeschreiblich ist. Logisch, oder?


Unser Garten ist voller bunter Blumen. Frauli sagt, sie freut sich, dass die Vögel nicht die ganzen Blumensamen weggefressen und uns und den Bienen etwas übrig gelassen haben. Das versteh ich aber nicht ganz. Weil, ich hab Frauli noch nie Blumen essen sehen. Aber vielleicht sind die alle noch nicht reif. Ich bin jetzt schon gespannt auf die Ernte. Und wie das dann schmeckt, das Blumenessen. Wahrscheinlich so wie Gemüse. Erbsen mag ich. Und Karotten. Die sind gesund, auch für uns Miezekatzen. Da gibt es keinen Unterschied zu den Menschen. Vitamine sind für alle Lebewesen wichtig. Das weiß ich auch aus dem Fernsehen.


„Morgen müssen wir unbedingt den Rasen mähen“, murmelt Frauli. Oh, ich wusste gar nicht, dass wir einen Rasen haben. Oder haben wir noch woanders ein Grundstück? Weil, normalerweise fahren wir mit dem Rasenmäher ganz schnell durch die Blumenwiese, machen nur einen schmalen Weg quer durch die Gräser und Blumen. Mehr nicht. Gerade so viel, dass es gepflegter aussieht. Also nach „genau so gewollt“ sozusagen. Weil alles andere würde verlottert aussehen, sagt Frauli immer. Und verlottert sind wir nicht. Wir erfreuen uns an der Natur und genießen sie. Und das ist ein ganz großer Unterschied zum Verwahrlost sein. Das erzähle ich auch immer meinem Flamingo, wenn ich ihn mit hinaus nehme auf die Terrasse. Mit seiner rosa Farbe passt er aber auch wirklich vorzüglich zu den blauen, roten, gelben und lila Blumen.


Vorzüglich – mein neues Wort des Tages. Ich habe beschlossen, dass ich ab sofort jeden Tag ein neues Wort mir genauer anschaue, es somit einen Tag lang mein Favorit sein wird. Gestern Abend war etwas im Fernsehen „unbeschreiblich“. Kann man eigentlich sagen, es ist etwas unbeschreiblich vorzüglich?


Die Nanni ist heute total komisch, wenn du mich fragst, liebes Tagebuch. Den ganzen Tag schon lasst sie mich in Ruhe, hat mich nicht ein einziges Mal geärgert. Ob sie krank ist? Das wäre dann wahrscheinlich nicht vorzüglich. Weil krank sein, ist blöd. Unbeschreiblich blöd. Kann man Wörter des Tages eigentlich gemeinsam verwenden? Hallo, Tagebuch? Du bist grad keine große Hilfe, weißt du das, liebes Tagebuch?

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