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Autorenbildroswithazatlokal

08.01.2021

Aktualisiert: 12. Jan. 2021


Liebes Tagebuch,


ich lese gerade den Gedichtband "Das Lied des Regenbogens von Kaia Rose", als mich ein merkwürdiges Gefühl überkommt.

Anfangs kann ich es nicht zuordnen, was mich ein wenig verwirrt. Ob mich die Verse derart berühren? Mich gar schwindelig machen?

Doch dann dämmert es mir: Durst! Ich bin maßlos durstig.


Nichts Böses ahnend schlendere ich zu meiner Wasserschüssel, lechze nach dem kühlen Nass. Wenn es denn da wäre. Die Schüssel ist leer.

Ich gehe zu Frauli, umschmeichle ihre Beine. Als Antwort bietet sie mir Leckerlis an. Die nehm ich natürlich liebend gerne an, meinen Durst lindern sie aber nicht. Im Gegenteil.

Ich maunze. Nix. Ich maunze noch mehr.

„Hanni, so viele Leckerlis sind nicht gut für dich.“ Frauli tatscht mir auf dem Kopf herum – es soll wohl eine liebevolle Geste sein – und setzt sich in ihren Lieblingssessel. Genüsslich schlürft sie ihren Kaffee, liest die Zeitung. Sie scheint nicht einmal zu bemerken, dass neben ihr eine Miezekatze, also ich, verdurstet. Oder ist es ihr egal?


Ich spüre wie Kopfschmerzen sich in meinem Gehirn breit machen – das erste Anzeichen von Flüssigkeitsmangel. Wieso ich das weiß, liebes Tagebuch? Von einer meiner sehr informativen Sendungen im Fernsehen. Wenn ich die Frauli-freie Zeit nicht ab und zu für Wissenschaft, Kunst und Kultur nutzen würde, ich würde jetzt wahrscheinlich hier und jetzt elendig zugrunde gehen. Würde die Signale nicht richtig deuten, würde nicht wissen was ich zu tun habe.


Mit letzter Kraft schleppe ich mich zu Fraulis frisch gegossenen Blumenstöcken. Ich weiß, bei ihr heißt es „verdorre oder gehe unter“ und somit ist der Moment gut gewählt. Die Blumen saufen geradewegs um ihr Leben, warten auf Erlösung.

„Ha“, denke ich mir. „Wohlan, hier bin ich, Eure Retterin. Was Ihr zuhauf Euer Eigen nennt, soll mir mein Leben sichern.“


Geschwächt schubse ich den größeren Blumenstock von seinem Thron. Bedächtig langsam, ganz so als hätte er eine Mordsfreude damit mich zu quälen, kippt er von seinem ihm angestammten Platz, reißt eine weitere Pflanze mit sich in den Abgrund. Wasser ergießt sich über den Fußboden. Wasser, Lebensquell. Gierig trinke ich davon. „Dem Tod gerade noch entronnen“, schießt es mir durch mein wieder erwecktes Gehirn. Verzückt schaue ich dem kleinen Rinnsal zu, wie es sich langsam und bedächtig auf dem Wohnzimmerfußboden ausbreitet, um in einer riesigen Lacke zu enden.


„Haaannniii!!!“ Frauli steht wie ein Zerberus vor mir. Die Stirn in Falten gelegt - sind es schon wieder mehr? - den Zeigefinger einem Dolch gleich auf mich gerichtet. „Du ruinierst mir meinen Fußboden. Jedes Mal, wenn die Blumen gegossen werden dasselbe Spiel!“

„Meine Wasserschüssel ist leer!“, brülle ich sie an. „Muss ich erst sterben, um zu leben?“

„Du zitierst Falco? Echt jetzt? Der hat seiner Mama nie die Blumenstöcke umgeschmissen, damit er daraus trinken kann.“

„Du bist auch nicht meine Mama!“

„Gott sei Dank! Warum gehst du nicht hinaus in den Garten trinken? Du bist eine Miezekatze, verdammt noch einmal. Außerdem hab ich deine Wasserschüssel gerade angefüllt. Und du schmeißt diesen Blumenstock mindestens einmal die Woche um, egal ob du Wasser brauchst oder nicht!“

Ups! Erwischt. Aber so schnell gebe ich nicht auf.

„Soll ich bei dem Gatsch-Wetter jetzt auch noch draußen meinen Durst löschen? Du nötigst mich ja schon dazu, dass ich rausgehe, um zu pinkeln!“

„Ach, du arme gequälte Miezekatze!“

„Bin ich auch!“


Nannis Kopf erscheint in der Katzenklappe. „Nicht schon wieder!“ Flugs legt sie den Retourgang ein, verschwindet Arschlings unseren Blicken.

„Was hat sie denn?“ Fragend schau ich Frauli an.

„Keine Ahnung, die wird auch immer komischer.“


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