Liebes Tagebuch,
in aller Früh bewege ich mich in Richtung in den Garten. Übles Bauchgrummeln hat mich geweckt und mich aus dem warmen Bett gerissen. Hoffentlich steht Frauli noch nicht auf, ich würde gerne noch mit ihr kuscheln. Und solange sie selig schlummert verpasse ich auch nicht das Frühstück.
Ich stecke vorsichtig meinen Kopf bei der Klappe hinaus. Also, irgendetwas stimmt nicht. Meine Ohrspitzen spüren und mein empfindsames Näschen riechen es geradezu. Aber was? Ich kann es nicht zuordnen, aber es ist da. Grausam und unerbittlich. Und … eisig! Es ist saukalt! Die Wiese ist weiß vom Reif und die Luft fühlt sich an wie tausende kleine Messerstiche.
Von einer Pfote auf die andere trippelnd stehe ich auf der Terrasse und überlege, wohin ich mich wenden soll. Ich mag gar nicht weiter hinaus gehen, hinaus in den unfreundlichen kalten Garten. Bei dem Gedanken jetzt und hier Geschäfte erledigen zu müssen, zieht sich mein Popschi vor Schreck zusammen. Ob ich einfach auf Fraulis Holzstoß? Oder unter dem Tisch? Zu blöd, dass ich so reinlich bin. Hm, ich könnte drinnen das Katzenklo benutzen. Auf alle Fälle sollte ich mich bald entscheiden, sonst passiert es hier und jetzt, genau an dieser Stelle.
"Na, du traust dich auch raus?“ Mir bleibt auch nichts erspart. Die Braungestreifte kommt grinsend auf mich zu. Sicher war sie wieder Mäuse fangen oder hat die Nachbarjungs besucht.
Kannst du mir sagen, liebes Tagebuch, warum manche Miezekatzen zu nachtschlafender Zeit ausrücken? Kann man denn nicht auch mittags jagen oder Leute besuchen? Oder noch besser, am späten Nachmittag?
„Ja, aber ich wollte gerade wieder rein.“ Ich tu einfach so, als wäre ich schon länger heraussen.
„Ach? Du bist doch gerade erst herausgekrochen. Ist es dir zu kalt?“ So ein Mist, die beobachtet mich schon länger. So ein Biest aber auch.
„Ich wollte nur schauen wie das Wetter heute ist“, lüge ich und zwicke innerlich alles zusammen, was man nur zusammenzwicken kann. Nur nicht jetzt ein Malheur! Mit Genugtuung würde sie mir das für den Rest meines Lebens unter die Nase reiben, die dumme Kuh.
Kennst du das Gefühl, gleich zu platzen? Na, dann weißt du ja, wovon ich rede.
„Aktivierst du heute schon dein Kisterl?“ Die doofe Nuss zwinkert mir zu.
„Nein. Aber vielleicht möchtest du diejenige sein?“ Die soll nur nicht so überheblich tun. Vorigen Winter hat sie es genauso benutzt wie ich, wenn es ihr draußen zu kalt war. Also zumindest einmal habe ich sie dabei gesehen. Und ja, ich gebe zu, es war kein Häufchen. Aber sie ist nicht hinaus gegangen.
„Du, danke. Noch geht es, dass ich heraussen alles erledige.“ Hinterfotzig grinst sie mich an. Dieses Miststück aber auch.
„Oh, ich glaube, weil wir andauernd davon reden, muss ich jetzt wirklich. Bis gleich.“ Mit einem Riesensprung hechte ich ins nächste Gebüsch. Ich brauch keine Zuseher. Intime Angelegenheiten erledige ich lieber ohne Publikum.
Gerade wie ich erleichtert sämtliche Schließmuskeln außer Kraft setze, erklingt hinter mir eine Stimme. „Oh, Hanni. Schön, dass wir dich treffen. Du, ich befürchte unsere Party morgen muss ausfallen. Frauli kriegt Besuch und da darf ich niemanden einladen.“
Ich schrecke hoch, pinkle mir beinahe ans Bein. Ein Stück hinter mir stehen Maximilian und Dominik. Party? Ich verstehe gar nichts. Mich einfach anzuquatschen. Das ist doch eine Frechheit sondergleichen! Was machen die hier? Heute ist weder Dienstag noch Donnerstag. Und außerdem ist es viel zu früh für Yoga.
„Wir wollten nur schnell rüber kommen, und Euch Bescheid geben. Aber wir holen das sicher nach.“ Beide winken mir fröhlich zu und verschwinden wieder Richtung Heimat.
Mir stehen Schweißperlen auf der Stirn. Mein Darm scheint jeden Moment zu platzen. Endlich schlüpfen Maximilian und Dominik durch den Zaun hinaus. Im selben Moment geschieht es. Ein Riesenfurz entweicht mir. Verschämt sehe ich mich nach allen Seiten um, ob es auch niemand gehört hat. Eine riesige übelriechende Welle erfasst mich. Boa, ich glaube, ich muss mich gleich übergeben. Wie aus einem Maschinengewehr donnern kleine Stinkesalven aus meinem Hintern.
Um dich nicht ganz zu verschrecken, erspare ich dir den Rest, liebes Tagebuch.
Erschöpft kehre ich ins Haus zurück, schleppe mich die Stufen hinauf ins Schlafzimmer. Gott sei Dank, Frauli schläft noch. Ich kuschle mich eng an sie, stupse sie mit meiner eiskalten Nase an.
„Ja, ja. Frauli ist eh da. Schlaf noch ein bisserl, Hanni“, murmelt sie, drückt mich eng an sich und vergräbt ihr Gesicht in meinem Fell. Endlich in Sicherheit, im Warmen. Ich glaube, heuer wird die Katzenklo-Saison etwas früher als sonst eröffnet.
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