Liebes Tagebuch,
nachdem ich hier in diesem Haus als selbstverständlich angesehen und nicht gewürdigt werde, habe ich mir folgendes überlegt: Ich tu einfach so, als wäre ich gar nicht da.
Weil, wenn ich nicht da bin, dann werde ich hier nämlich gewaltig fehlen. Und dann werden die zwei (Frauli und die doofe Nuss) schon sehen, was sie an mir haben. Wenn sie mich haben.
Mal nachdenken. Wo versteck ich mich am besten? In meiner Bettzeuglade? Nö, da vermuten sie mich als erstes. Schade eigentlich. Dort hätte ich es mit meiner Kuscheldecke am gemütlichsten. Aber wo sonst hin? Hmmm … Ha, ich hab`s!
Hinter dem Vorhang finden die mich nie! Tja, wenn eine Miezekatze so schlau ist wie ich, haben`s die anderen umso schwerer *zufrieden grins*.
Oh, Frauli kommt heim. Pst!
„Ja, Nanni, da bist du ja. Heute alleine? Ist denn die Hanni nicht zu Hause?“ Ha, ich fehl ihr jetzt schon. Hab ich es nicht gesagt? „Na, komm her, du kleine Maus. Hast du Hunger?“ Was? Die schaut gar nicht, wo ich abgeblieben bin, sondern füttert unbekümmert die doofe Nuss? So eine Gemeinheit aber auch.
„Frauli geht sich umziehen. Dann kuscheln wir ein wenig. Die Hanni ist sicherlich im Garten.“ Ha, wenn du dich da nur nicht täuscht! Die Hanni pfeift Euch etwas! Die Hanni versteckt sich vor Euch!
Oh, Frauli kommt näher. Wahrscheinlich will sie sich auf die Couch knotzen. Aber sie kann mich ja nicht sehen, ich bin gut getarnt. Weißes Fell, weißer Vorhang – du verstehst, worauf ich hinaus will, liebes Tagebuch *kicher*?
„Komisch, jetzt hab ich doch wirklich geglaubt, die Hanni wäre da. Hm, ist aber nur der Vorhang", höre ich da auch schon Frauli sagen. Mit einem Plumpser lässt sie sich auf ihren Hintern fallen, direkt vor meine Nase.
Will die denn gar nicht in den Garten raus gehen und mich suchen? Ich könnte doch verletzt da draußen liegen und in weiterer Folge in der Nacht erfrieren. Wir haben jetzt schon nur mehr um die vierzehn Grad, zumindest hat das vorhin die Wetterfrau gesagt. Das klingt nicht nach viel, wenn du mich fragst.
„Na, ich schau einmal, ob ich sie draußen wo sehe.“ Frauli erhebt sich, macht die Terrassentür auf. Sie schreit einmal „Hanni“ und setzt sich wieder auf die Couch.
Das war`s? Das war die ganze Suche nach mir? Es nieselt, es herrschen alles andere als angenehme Temperaturen und die bilden keinen Suchtrupp?
„Weißt du was, Nanni? Wir machen es uns jetzt so richtig gemütlich. Vielleicht sollte ich uns etwas zum Knabbern holen, was meinst du?“ Ich sehe sie direkt vor mir, die braungestreifte Kuh wie sie beim Wort knabbern ihre ekeligen kleinen Spock-Ohren spitzt.
Frauli geht in die Küche, kommt wieder zurück. Irgendetwas raschelt. Ein Sackerl? Mit Guttis drinnen?
„Also es ist echt schade, dass die Hanni nicht da ist. Die mag diese gefüllten Pölsterchen doch so gern.“ Nein!!! Die futtern meine Lieblingsguttis. Einfach so. Pfff, wahrscheinlich freuen die sich auch noch darüber, dass ihnen mein Anteil über bleibt. Obwohl, da stellt sich mir die Frage: Wer von den beiden kriegt jetzt meinen Anteil? Frauli?
Nein, das geht zu weit. Das kann ich nicht zulassen. Wo kommen wir denn da hin? Die lassen mich draußen im kalten und nassen Garten verletzt liegen und machen sich hier einen schönen Abend! Da muss ich sofort einschreiten!
„MIAUUU!“, schreie ich so laut ich kann und hüpf Frauli mitten auf den Schoß.
„Hahaha! Ja, Hanni, kommst du doch heraus aus deinem Versteck. Ich hab mich schon gefragt, wie lange du das wohl aushältst.“ Frauli knuddelt mich ordentlich durch.
Wie jetzt? Die hat die ganze Zeit gewusst, dass ich da bin? Wieso? Was hat mich verraten? Frauli kitzelt mich, steckt mir ein Gutti in mein Mäulchen. „Du bist ein richtiger kleiner Kasperl.“
Bin ich nicht. Oder doch. Der Kasperl ist ja ganz ein Gescheiter. Und so wagemutig. So hilfsbereit. So freundlich. So … Ein schöneres Kompliment hätte mir Frauli gar nicht machen können *seufz*.
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