Liebes Tagebuch,
ist dir auch schon aufgefallen, dass es plötzlich so ungemütlich ist?
Es regnet dauernd. Und wenn es nicht regnet, ist die Wiese nass. Und wenn die Wiese nicht nass ist, dann weht der Wind. Und manchmal ist alles auf einmal. Das ist grad gar nicht schön. Da freut mich das Rausgehen ja überhaupt nicht mehr.
Es fängt ja schon in der Früh an. Mich fröstelt es jedes Mal, wenn Frauli mich aus dem Bett scheucht, nur weil sie in die Arbeit muss. Na ja, sie scheucht mich nicht wirklich. Aber solidarisch wie ich bin, stehe ich halt mit ihr auf. So frisch aus dem Bett raus, da ist mir dann immer gleich so kalt. Direkt unangenehm. Ich erwärm mich gar nicht richtig. Deswegen vergrabe ich mich auch ganz tief in die Badetücher im Regal, während Frauli duscht. Die waren aber auch schon flauschiger, wenn du mich fragst. Einladend ist anders. Keine Ahnung, was Frauli damit macht. Ob sie nicht will, dass ich mit ihren Badetüchern kuschle und sie die deswegen absichtlich kratzig macht?
Meistens düst die doofe Nuss, die Nanni, noch vor dem Frühstück bei der Katzenklappe herein. Meine Möchtegern-Schwester wirbelt mit Leidenschaft und Freude, selbstverständlich immer mit einem unschuldigen Lächeln auf ihrem gestreiften Gesicht, meinen Tagesablauf durcheinander. Das ist echt unglaublich! Die hat ein Händchen, äh Pfötchen, dafür. Ein Beispiel gefällig?
Ich kann mein Frühstück nicht einfach hirnlos in mich hineinstopfen, so wie die dumme Kuh. Ich muss eine Verbindung mit meinem Essen herstellen. Muss mir gut überlegen, welcher Schüssel ich heute meine ganze Aufmerksamkeit angedeihen lasse. Du weißt schon, das ist wichtig wegen der fairen Essensverteilung bei uns. Damit ich da nicht ständig zu kurz komme. Aber glaubst du, dass mir dies möglich ist? Natürlich nicht! Der Nanni ist mein Wohlbefinden so was von egal, Hauptsache sie kann mich stören.
Ha, und Madam muss ja auch zeigen, wie abgehärtet sie ist. Und darum hockt sie sogar bei strömendem Regen vor unserem Maulwurfshügel. Als ob der Maulwurf auf sie warten würde!
Wenn ihr das Warten zu fad wird, stampft sie mit ihren gestreiften Haxen in der nassen Erde herum. Na, das gibt vielleicht Gatschpfoten! Und so rennt die dann im Haus herum und saut alles voll! Ob ich meine weißen Füßchen wieder sauber bekomme, interessiert die natürlich nicht. Dass Frauli der das so einfach durchgehen lasst! Das sollte ich mir einmal erlauben.
Aber was wollte ich dir eigentlich erzählen?
Ach ja: Stell dir vor, ich hab eine neue Futterschüssel bekommen. In unserer Lieblingsfarbe orange. Also in Fraulis und meiner Lieblingsfarbe. Ja, ok, die Nanni hat auch eine bekommen. Wenn`s nach mir gegangen wäre, hätte es ihre alte Schüssel aber ohne Weiteres noch getan. Aber du kennst ja Frauli *seufz*. Die verwöhnt die Nanni derart, ganz so, wäre sie eine Prinzessin. Mir ist das zwar unbegreiflich, aber was kann ich schon dagegen tun?
"Hanni, magst du lieber den Lachs oder das Huhn?"
Oh, ich werde auch einmal gefragt. Na, da schau ich aber. Lachs oder Huhn? Hm, schwierige Entscheidung. Ich werde den Lachs nehmen. Nein, doch lieber das Huhn. Oder vielleicht doch …
„Oh Mann, wieso krieg ich das Huhn, wenn ich doch Lachs wollte?“ Ich gebe der Schüssel einen gewaltigen Tritt.
„Hanni?“ Frauli sieht mich mit weit aufgerissenen Augen an.
„Miau!“
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